Weidenarten -Salix species

Weidenarten - Salix species
Eine pflanzliche Alternative zu nicht-steroidalen Antirheumatika

Für die Verwendung in der Heilkunde eignen sich zahlreiche Arten der circa 500 Weidengewächse, von denen etwa 50 in Mitteleuropa vorkommen, wie die Silberweide, Salweide, Trauerweide und Korbweide, sofern ihre Rinde den geforderten Gesamt-Salicinghalt von mindestens 1,5% aufweist. Die Volksnamen Felbern, Fieberweide, Korbweide und Maiholz gelten jedoch für alle Weidenarten. Von naturheilkundlicher Bedeutung ist die Rinde zwei- bis dreijähriger Weidenzweige, die vor allem bei fieberhaften Erkrankungen, rheumatischen Beschwerden und Kopfschmerzen eingesetzt wird.

Medizingeschichte

Schon Hippokrates und Plinius haben die Weidenride als Fiebermittel angewendet und Dioskurides beschrieb die Weidenrinde als "das beste Bähmittel bei Podagra". Das Weidenlaub wurde im Mittelalter als harntreibendes Mittel eingesetzt. Und die Volksheilkunde verwendete Weidenkätzchenextrakt bei sexueller Übererregbarkeit, Schlaflosigkeit und Neurasthenie. Im 19. Jahrhundert wurde der Wirkstoff Salicylsäure identifiziert und seit 1874 hergestellt, bis sich die synthetische Acetylsalicylssäure als Medikament durchsetzte.

Botanik und verwendete Teile

Fast alle Weidenarten (Familie der Salicaceae) kommen sowohl als Strauch als auch baumförmig vor und bevorzugen feuchte Standorte, wie Teichufer, Bach- und Flussläufe, werden aber auch gerne zur Abgrenzung von Weideflächen und Wiesen gepflanzt. Die blühenden Weiden sind das Symbol des nahenden Frühlings und der wiederwachten Natur. Die Kätzchen (Ähren) der zweihäusigen Pflanze erscheinen von März bis in den April vor den Blättern, d.h. ein Baum oder Strauch trägt immer nur Blüten eines Geschlechts. Die eiförmigen männliche Blüten sind gelblich, die weiblichen wollig und silbergrau. Die Blätter sind kurzstielig und länglich mit fein gesägtem Rand. Zur Drogengewinnung wird die Rinde von zwei- bis dreijährigen Zweigen geschält. Die 1-2 mm dicken, manchmal röhrenförmig eingerollten Rindenstückchen besitzen eine je nach Weidenart eine glänzende, grünlich-gelbe oder bräunlich-graue, längsgerunzelte Außenseite. Die botanische Bezeichnung Salix wird manchmal auf das altindische "saliam" (Wasser) oder wegen des sprunghaften Wachstums auch auf das lateinische "saltare" (springen) zurückgeführt.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Pharmakologisch wirksame Inhaltsstoffe sind Phenolglycoside mit der Hauptkomponente Salicin, welches  im Körper durch die Darmflora zu Salicylsäure metabolisiert und analgetische und antiinflammatorische Eigenschaften besitzt und Salicinderivate (u. a. Salicortin, Fragilin, Populin). Der Weide dienen die Phenolglycoside zur Abwehr von Fressfeinden. Weitere Inhaltsstoffe sind Catechin-Gerbstoffe mit adstringierender Wirkung und Flavoniode mit Anthocyanen.

Die Wirkung von Weidenrindenextrakt ist aber stärker, als es dem Salicingehalt entspricht, daher werden synergistische Wirkungen der sonstigen Inhaltsstoffe (v. a. der Flavonoide) vermutet. Da in der Weidenrinde keine freie Säure enthalten ist, wirken die Zubereitungen wesentlich weniger reizend auf den Magen als die synthetisch hergestellte Acetylsalicylsäure. Der Aufspaltungsprozess im  Darm verzögert den Wirkungseintritt und daher eignet sich Salix eher zur Behandlung chronischer Erkrankungen.

Anwendungsgebiete und Studien

Die Kommission E (Monographie BAnz Nr. 228 vom 05.12.1984) und ESCOP (1997) bewerteten die Weidenrinde positiv zur Behandlung fieberhafter Erkrankungen, rheumatischer Beschwerden und bei Kopfschmerzen.

Traditionell wird die Weide innerlich auch bei grippalen Infekten, Zahnschmerzen, Gicht, Rheuma, Arthrose und Magen-Darmbeschwerden, äußerlich auch bei Fußschweiß und schlecht heilenden Wunden und als Gurgelmittel bei Zahnfleisch- und Mandelentzündungen eingesetzt.

Die ausgezeichnete analgetische Wirksamkeit von Weidenrindenextrakt bei Hüft-, Knie- und Rückenschmerzen wurde in zwei placebokontrollierten Doppelblindstudien belegt und in einer Vergleichsstudie wies eine Therapie mit Weidenrindenextrakt (240 mg Salicin/Tag) auf die Überlegenheit gegenüber einer konventionellen Behandlung bei Rückenschmerzen hin (Chrubasik, 2000).

Homöopathisch werden Zubereitungen der frischen Rinde von Salix nigra bei Überempfindlchkeit (Kommission D, Bundesanzeiger Nr. 54 a vom 17.3.1989) von Salix purpurea bei Verdauungsstörungen und Schwindel (Kommission D, Bundesanzeiger Nr. 104 a vom 7.6.1990)  eingesetzt.

In der Tiermedizin wird Weidenrindenabsud vielfach zur Waschung für Umschläge bei der Wundbehandlung angewendet. Bei Koliken von Rindern und Pferden hat sich der Tee auch bewährt.

Teezubereitung

2-3 g der fein zerschnittenen Droge mit kaltem Wasser ansetzen, bis zum Sieden erhitzen und nach 5 min durch ein Teesieb geben. 3-5mal täglich 1 Tasse. Alle im Handel erhältlichen Weidenrindenpräparate sind auf einen Gesamt-Salicingehalt standardisiert.

Sicherheitshinweise

Im Unterschied zu Acetylsalicylsäure beeinflusst Weidenrindenextrakt die Thrombozytenfunktion nicht, sodass der Extrakt auch zur Schmerzbehandlung nach Operationen eingesetzt werden kann. Operationen und Zahnextraktionen stellen daher keine Kontraindikation dar. Eine Interaktion mit gerinnungshemmenden Mitteln (z.B. Marcumar) ist aber nicht auszuschließen (Chrubasik, 2000).

Die Wirkung von blutzuckersenkenden Substanzen kann verstärkt und die Wirkung von Diurektika vermindert sein. Gegenanzeigen bestehen bei Überempfindlichkeit gegen Salizylaten, Neigung zu Allergien, Asthma bronchiale sowie spastischer Bronchitis. Bei Patienten mit momentanen oder früheren Magen-Darmgeschwüren und vorgeschädigter Niere nur nach Rücksprache mit dem Arzt. Gelegentlich kommt es zu Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut, zu Asthma und bei empfindlichen Patienten zu Magenschmerzen (Wichtl, 2009). Zur Anwendung bei Kindern, in der Schwangerschaft und Stillzeit liegen keine ausreichenden Untersuchungen vor.

 

Literatur
Chrubasik Sigrun; Weidenrindenextrakt, Deutsche Apotheker Zeitung Nr. 33, 17.08.2000
Grünwald J., Jänicke Ch.; Grüne Apotheke, Gräfe und Unzer Verlag München, 2004
Mayer, Uehleke, Saum; Handbuch der Klosterheilkunde, Zabert Sandmann Verlag, 2004
Wichtl Max; Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2009
Willfort Richard; Gesundheit durch Heilkräuter, Rudolf Trauner Verlag Linz, 1973

 

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