Pfeffer - Piper nigrum

Pfeffer - Piper nigrum
Schwarze Beeren mit großem Wirkungsspektrum 

"Kein Mensch kann alle Wirkungskräfte des Pfeffers beschreiben; denn beinah sämtliche Arzneien verlangen Pfeffer als Ingrédiens, und auch vielen kostspieligen Antídoten pflegt Pfeffer beigemischt zu werden" (Odo Magdunensis, ein Mönch aus dem Loire-Tal, Frankreich). Sein Werk  "Macer floridus" aus dem 12. Jahrhundert gilt als mittelalterliches Standardwerk der Kräuterheilkunde.

Kulturgeschichtliches

Pfeffer wurde bereits vor 3000 Jahren in den altindischen Schriften erwähnt. Er gelangte zunächst durch die Araber nach Europa. Die Römer nutzen für den Pfefferhandel lange Zeit den Landweg (Seidenstraße). Die Suche nach dem Seeweg zu den "Pfefferländern" war ein wesentliches Motiv der Europäer, die Meere zu erforschen. Sein weiter Transportweg machte den Pfeffer - wie andere exotische Gewürze auch - für die Menschen in Europa zu einem kostbaren Gut. Gewürze hatten aber auch religiöse Bedeutung, denn sie stammten aus dem Osten, der Himmelsrichtung des Garten Eden. Der Ausdruck "Pfeffersäcke" bezeichnet heute noch wohlhabende Bürger. Und bei Streitigkeiten schickt man den anderen heute noch in die weite Ferne, nämlich, "dahin, wo der Pfeffer wächst".

Im mittelalterlichen Europa stieg Pfeffer langsam zu einem unter den Gewürzen einzigartigen Statussymbol auf. Er war das Gewürz schlechthin, man wog Pfeffer mit Gold auf, bezahlte Pacht und Steuern mit dem Gewürz. Die Mitgift der Bräute konnte ausschließlich aus Pfeffer bestehen - das sogenannte Pepergeld. In der Tat behält Pfeffer, solange er nicht gemahlen wird, jahrelang seinen ätherischen Ölgehalt und damit seinen Wert.

Botanik

Die Heimat des mehrjährigen, verholzenden Schling- bzw. Kletterstrauchs mit den großen langgestielten, dunkelgrünen Blättern und den ährenförmigen Blütenständen sind vermutlich die Vorberge des Himalaya und der Südwesten Indiens. Pfeffer (Piper nigrum) wird heute in vielen tropischen Regionen, wie Indonesien, Malaysia, Indien, Sri Lanka, Sumatra und Thailand angebaut. Durch die jahrtausendelange Auslese dieser Kulturpflanze bildeten sich bis zu 700 verschiedene Varietäten und Unterarten heraus. Sie unterscheiden sich im wesentlichen durch ihren Gehalt an Aromastoffen.

Bis zu zehn Metern Höhe rankt sich die immergrüne, tropische Pfeffer-Pflanze, die zu der Familie der Pfeffergewächse (Piperaceae) gehört, in ihrer Wildform an dünnen Bäumen empor. Die Anbauformen sind wesentlich kleinwüchsiger und werden, ähnlich wie bei uns der Hopfen, an Kletterstangen gezogen.  Geerntet werden jährlich bis zu 200.000 Tonnen der scharfen Beeren. Erst bei drei bis acht Jahre alten Pflanzen bilden sich die ersten winzigen Fruchtkugeln aus den unscheinbaren kleinen Blüten, die in Blattachseln entspringen; zweimal jährlich ist Erntezeit der beerenartigen roten Steinfrüchte, die sich nach dem Trocknen dunkelbraun bis schwarz färben und eine grobrunzelige Oberfläche besitzen. Der Strauch trägt bis zu dreißig Jahre, jedoch lassen nach 20 Jahren die Erträge nach. Sowohl schwarzer, weißer und grüner Pfeffer stammen von der ein und derselben Pflanze ab, lediglich das Stadium der Reife ist unterschiedlich.

Inhaltsstoffe, Geschmack und Geruch

Sein charakteristisches Aroma und seine Schärfe erhält der Pfeffer durch seine Inhaltsstoffe. Für die Schärfe sorgen verschiedene Säureamide, darunter vor allem das nicht flüchtige Pfefferalkaloid Piperin. Es kommt in den harzigen Bestandteilen der Pfefferkörner, d. h. vor allem in der Fruchtwand der Früchte, vor.

Das leicht flüchtige ätherische Pfefferöl ist dagegen für den typischen Geruch verantwortlich. Es ist in schwarzem Pfeffer bis 3,9% enthalten, in weißem nur bis 2,9%. Das ätherische Pfefferöl enthält über 50 verschiedene chemische Komponenten. Die Hauptbestandteile sind der Nelkenriechstoff Caryophyllen mit bis zu 47%, aber auch α-Pinen, Sabinen und Limonen. Weitere Bestandteile sind Flavoniode, bis zu 10% fettes Öl und Stärke.

Der Geschmack ist würzig, brennend, feurig-scharf und aromatisch, jedoch variieren Geschmack und Schärfegrad nach Anbaugebiet.

Kulinarik

Pfeffer, der "König unter den Gewürzen", wird fast in allen Küchen der Welt verwendet, er sorgt für eine runde, milde Schärfe und volleren Geschmack von Salaten, Gemüsen und Soßen und mariniert Fleischstücke vor dem Grillen oder Braten. In den letzten Jahren haben grob mahlende Pfeffermühlen den staubigen Pfefferstreuer bei uns zunehmend verdrängt, was der Qualität und Intensität zugutekommt.

Frühere medizinische Verwendung und Volksmedizin

Viele Pfefferarten dienten seit alters her nicht nur als Würze, sondern auch als Heilmittel. So wusste beispielsweise Dioscurides um die appetitanregende, erwärmende und harntreibende Wirkung des Pfeffers.

Im Corpus Hippocraticum, einer Sammlung medizinischer Schriften vom Ende des 5. Jhs. v. Chr. bis zur Mitte des 4. Jhs. v. Chr., wird das "Pharmakon aus Indien", die die Perser péperi nennen, in einer Zubereitung mit Honig und Essig als Heilmittel gegen Frauenleiden empfohlen.

Eine Mischung aus schwarzem Pfeffer, Ingwer und langem Pfeffer, in Sanskrit "Trikatu" (=drei scharfe Gewürze) genannt, zählt bis heute zu den wichtigsten Heilmitteln des Ayurveda. Trikatu soll, mit Honig verabreicht, den Appetit anregen, bei Erkältung, rheumatischen Erkrankungen und Tumoren helfen. Mit fein geriebenem Pfeffer behandeln ayurvedische Ärzte bis heute Leber- und Milzvergrößerung, Appetitlosigkeit, Darmentzündungen, Reizmagen, aber auch chronische Hauterkrankungen. Pfeffer gilt bei ihnen, naturwissenschaftlich übrigens mit vollem Recht, als leicht harntreibend.

Nach der Entdeckung des Wirkstoffs Piperin im Jahr 1819 empfahlen Ärzte den Wirkstoff als Chininersatz bei Wechselfieber. Allerdings zeigten sich bei der Verabreichung hoher Dosen häufig unangenehme Nebenwirkungen, sodass derartige Medikamentenzubereitungen bald wieder aus der Mode kamen.

Nach der Elementen- und Viersäftelehre wurden die meisten Gewürze als trocken und heiß eingestuft. Pfeffer galt sogar als trocken und heiß im dritten Grade und versprach deswegen ein besonders wirksames Aphrodisiakum zu sein. Zahlreiche pfefferhaltige Elixiere und Würzweine wurden nur diesem Zweck verabreicht. Vermutlich wirkten sie über die lokal reizenden Eigenschaften des Pfeffers und die bessere Durchblutung der Bauchregion tatsächlich belebend.

Wirkung

Piper nigrum wirkt positiv auf Stoffwechsel und Verdauung, da Speichelfluss, Magensaftbildung, die Bildung von Pankreasenzymen, Gallefluss und Darmperistaltik angeregt werden. Damit besitzt der eine appetitanregende und verdauungsfördernde Wirkung. Arzneilich wird Pfeffer in einigen Magenarzneien verwendet.

Ethanolische Pfefferextrakte oder ätherisches Pfefferöl wirken antibakteriell. So wurde in Versuchen die Vermehrung von pathogenen Protozoen, wie Amöben (Ghosal S. et al., J. Ethnopharmacol. 50(3):167-170 (1996)) und Leishmanien gehemmt (Kapil A., Planta Med. 59(5):474 (1993)).  In fettreichen Zubereitungen aus Schweine- oder Rindfleisch wirkte schwarzer Pfeffer als Antioxidans (Milivojevic J., Technol. Mesa 37(1):32-34 (1996)). Weiter konnte eine antiphlogistische Wirkung nachgewiesen werden (Mujumdar A.M. et al., Jap. J Med Sci Biol 43(3):95-100 (1990). Extrakte aus schwarzem Pfeffer mit hohem Gehalt an Piperin verbessern die Verfügbarkeit vieler pharmakologisch aktiver Substanzen und Pflanzenpräparate für den menschlichen Organismus. Hauptverantwortlich für die verbesserte Wirkung dürften demnach die Beschleunigung der Aufnahme im Intestinaltrakt sowie ein verlangsamter Abbau der Wirkstoffe sein (Srinivasan K., Crit Rev Food Sci Nutr. 2007;47(8):735-48; Atal CK et al., J Ethnopharmacol. 1981 Sep;4(2):229-32, J Pharmacol Exp Ther. 1985 Jan;232(1):258-62)).

Anwendungsbeschränkungen / Toxikologie

Es liegen keine Hinweise auf akute oder chronische Toxizität des Pfeffers bei Einnahme der als Gewürz üblichen Dosen vor. Einnahmen von mehr als 50 g führen zu Durst, Brennen im Mund- und Rachenraum, abdominalen Schmerzen, Blässe, Fieber, Erbrechen und Urtikaria. Zur Karzinogenität von Pfeffer in hohen Dosen liegen sowohl Ergebnisse vor, die die Zunahme von Tumoren belegen (El-Mofty M.M. et al., Oncology 45(3): 247-252 (1988) und 48(4): 347-360 (1991)), als auch solche, die keine Tumorhäufigkeit belegen (Shwaireb M.H. et al., Phytochemistry 45(8):233-238 (1990)). Bei Patienten mit Sellerie-Birken-Beifuß-Gewürzallergie wurden Antikörper gegen Pfefferantigene nachgewiesen (Leitner A et al., Allergy 53(1):36-41 (1998)).

Homöopathie

In der Homöopathie werden tiefe Potenzen von Piper nigrum bei vielen Arten von "brennenden Beschwerden" eingesetzt. So sollte bei Kopfschmerz mit Schweregefühl; entzündeten und brennenden Augen; bei rotem und brennendem Gesicht; entzündetem Hals mit brennenden Tonsillen; Brennen in der Blase und Harnröhre oder Husten mit Schmerz an verschiedenen Stellen der Brust an Piper nigrum gedacht werden.

Fazit

Die neuen, wissenschaftlichen Auswertungen bestätigen, dass Pfeffer ein großes Wirkungsspektrum hat und die traditionelle Anwendung in den verschiedenen Epochen und Kulturkreisen tatsächlich ihre Berechtigung hat und hatte.

Literaturhinweise
Boericke Willam, Handbuch der homöopathischen Materia Medica, Haug, 1996
Dioskurides Materia Medica; www.pharmawiki.ch/materiamedica/index.php?page=Buch_II#188.%20Pfeffer
Henss Rita; Safran & Kardamom - Die orientalische Gewürzküche, Thorbecke, 2009
Katzer Gernot, Fansa Jonas; Picantissimo - Das Gewürzhandbuch, Verlag Die Werkstatt, 2011
Mayer Gottfried, Goehl Johann; Kräuterbuch der Klostermedizin, Reprint Verlag Leipzig, 2003
Pahlow Mannfried; Gesunde Gewürze, Hirzel Verlag Stuttgart, 2011
Pahlow Mannfried; Das große Buch der Heilpflanzen, Bechtermünz Verlag, 2000
Schwarz Aljoscha, Schweppe Ronald; Heilen mit Gewürzen, Knaur, 1996
Teuscher Eberhard; Gewürzdrogen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2003
Vaupel Elisabeth, Gewürze - Acht kulturhistorische Portraits, Deutsches Museum, 2002
www.corenberg.com/piper-nigrum-info

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