Kapuzinerkresse - Tropaeolum majus

Die Kapuzinerkresse - Tropaeolum majus

Seit 1999 kürt der "Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde" an der Universität Würzburg regelmäßig die Arzneipflanze des Jahres. 2013 fiel die Wahl auf die Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus), die als hochwirksames phytotherapeutisches Antibiotikum einzustufen ist.

In Europa reicht die Verwendung als Gemüse- und Arzneipflanze noch nicht allzu lange zurück. Die aus den wärmeren Gebieten Südamerikas stammende Garten- und Heilpflanze ist erst seit Ende des  16. Jahrhunderts in Europa bekannt und wurde zunächst in den Klostergärten gezogen. Der deutsche Name Kapuzinerkresse bezieht sich auf die Form der Blüten, die an die Kapuzen von Mönchskutten des Kapuzinerordens erinnert. Der Volksmund kennt noch weitere Namen wie Gelbes Vögerl, Kapuzinerli, Salatblume, Blume der Liebe, Rote Blume aus Peru, Kanarienvögelchen, Guck-über-den-Zaun, Liebesblume, Großinidsche Kresse oder Jelängerjelieber.

Während die Bevölkerung Perus und Boliviens die Kapuzinerkresse schon lange bei Hautkrankheiten, Skorbut, Husten und Bronchitis verwendet, wurde sie in Mitteleuropa vermutlich wegen ihrer leuchtend gelb-orangen Blüten zunächst als Zierpflanze gezogen. Seit dem 18. Jahrhundert ist in Europa auch die medizinische Verwendung gegen Skorbut dokumentiert; erste wissenschaftliche Daten liegen erst seit dem 20. Jahrhundert vor.

Botanik

Die krautige über Mauern kletternde oder am Boden kriechende Staude ist die einzige Gattung innerhalb der Familie der Kapuzinerkressengewächse (Tropaeolaceae). Sie wird in Mitteleuropa nur einjährig kultiviert, da sie nicht winterhart ist. Das auffallendste Merkmal sind die sattgrünen schildförmigen, rundlichen Blätter mit einem Durchmesser von bis zu 5 cm. Das Laub hat eine wachsartige Oberfläche, die als "Lotuseffekt" bezeichnet wird und an der kein Schmutz haften bleibt.

Blütezeit der trompetenförmigen und orangeroten Blüten ist von Mai bis in den Herbst hinein. Die Pflanze bevorzugt einen sonnigen bis halbschattigen Standort und mäßig nährstoffreiche Böden. Aussaat der frostempfindlichen Keimlinge ist erst nach den Eisheiligen.

Sowohl in der Küche als auch in der Medizin wird das Kraut verwendet (Tropaeoli herba). Der Geschmack ist scharf-würzig, gleichzeitig erfrischend und leicht brennend, beim Zerreiben entsteht ein stechend riechender Geruch. Der scharfe Geschmack der Kapuzinerkresse wird wie bei vielen Kreuzblütlern, wie Rettich, Radieschen, Meerrettich oder Senf durch die Senföle verursacht.

Inhaltsstoffe

Glucosinolate: ca. 0,1% im Kraut und ca. 1% in den Samen, bis zu 320 mg/100 g Vitamin C in den Blättern und etwa 130 mg/100 g in den Blüten; Flavonoide, Cucurbitacine, Amyloide in den Samen, Carotinoide in den Blüten, Oxalsäure, Mineralien wie Kalium, Magnesium, Eisen

Signatur

Die runde Form der Blätter ist eher untypisch für Landpflanzen. Vielmehr findet man solche Formen bei Wasserpflanzen, wie beispielsweise der Seerose. Zudem hat der "Lotuseffekt" der Blätter die Besonderheit, zuverlässig das abtropfende Regenwasser abzuwaschen und alle Staubpartikel, Sporen, Bakterien und Pilze mitzunehmen.  Und genau so glatt sollten die Organe des Urogenitaltrakts sein. Harnleiter, Harnblase und Harnröhre werden ständig durchspült, mal mit saurem oder basischen Urin, wässrigen oder stark konzentrierten Urin. Wenn diese Organe eine glatte Schleimhautoberfläche haben, finden Bakterien, Sporen und Pilze keine Grundlage sich anzuheften.


Wirkspektrum und Heilanwendung

Die Kapuzinerkresse gilt als wirksames pflanzliches Antibiotikum. Träger der antimikrobiellen Wirkung sind die enthaltenen Glucosinolate (30 mg/100 mg Frischgewicht; Teuscher, 2003), die der Pflanze als Fraßschutz dienen. Aus den Glucosinolaten werden durch Zerstörung des Zellgewebes, wie es durch das Kauen bei oraler Aufnahme geschieht, durch enzymatische Reaktionen mit Myrosinase sogenannte Benzylsenföle gebildet, die die antimikrobielle Substanz bilden. Senföle werden vorwiegend in der Atemluft bzw. im Harn angereichert und ausgeschieden. Da die Senföle im Dünndarm vollständig resorbiert werden, konnte bisher weder eine Entstehung resistenter Keime noch eine Schädigung der körpereigenen Darmflora nachgewiesen werden.

In vitro zeigte sich eine bakteriostatische, virustatische, antimykotische (Candida albicans), immunmodulatorische und antiinflammatorische Wirkung. Die antibakterielle Wirkung gilt sowohl für gramnegative Stämme, wie Escherichia coli, Salmonella sp. und Pseudomonas aeruginosa als auch grampositive Bakterien, wie Listeria monocytogenes, Staphylococcus  aureus und Bacillus subtilis.  "Seit 2010 durchgeführte Untersuchungen legen sogar eine hemmende Wirkung bei dem Influenzavirus H1N1 nahe", so die Aussage des Studienkreises. Es gibt eine Reihe von Hinweisen auf eine tumorhemmende Wirkung von Tropaeolum majus, deren Auswertungen jedoch noch nicht abgeschlossen sind.

Die traditionelle Anwendung beinhaltet wegen des hohen Vitamin C-Gehalts die Steigerung der Abwehrkräfte und aufgrund der antibakteriellen und antiviralen Inhaltsstoffe die Behandlung bei grippalen Infekten (Katharre der oberen Luftwege, Sinusitis, Angina tonsillaris). Häufiger wird das Kraut jedoch bei Erkrankungen des Urogenitaltrakts, insbesondere der Harnwege und Harnblase verwendet. Eine äußeren Anwendung ist aufgrund der hyperämisierenden Wirkung hilfreich bei Muskelbeschwerden oder Prellungen.

Kulinarik

Allen Pflanzenteilen ist der leicht scharfe und würzig pikante Geschmack gemein, der etwas an die Gartenkresse erinnert. Jedoch sind beide Pflanzenarten botanisch nicht verwandt. Die hübschen sattorangen Blüten der Kapuzinerkresse zieren Salate, Rohkostplatten und selbst Süßspeisen. Sowohl Blütenknospen als auch die unreifen Früchte lassen sich in Essig marinieren und ergeben so einen Kapernersatz. Sie sind in Gläsern etwa 6 Monate haltbar. Häufiger werden jedoch die frischen kleingehackten Blätter in Saltaten, im Kräuterquark, für Eierspeisen, zu Kartoffelgerichten oder gehackt aufs Butterbrot gegeben.

Rezept

Da die Glucosinolate hitzeempfindlich sind, haben sich Teezubereitungen nicht bewährt. Alternativ eignet sich die Tinktur oder die Verwendung der Blüten und Blätter in der Küche.
Tinktur: Droge-Extrakt-Verhältnis 1:10, 50% Ethanol, 3 - 5mal täglich 30 Tropfen

Sicherheitshinweise

Bei den üblichen Verzehrsmengen als Lebensmittel sind bei gesunden Personen keine Nebenwirkungen bekannt. Wegen der haut- und schleimhautreizenden Wirkung des Benzylsenföls können nach dem Verzehr großer Mengen Magen-Darm-Beschwerden und Nierenreizungen auftreten. Bei Überdosierung ist auch bei Gesunden eine Albuminurie möglich (Teuscher, 2003).

Es ist nicht bekannt, ob die Wirkstoffe der Kapuzinerkresse in die Muttermilch übergehen. Daher sollte sie während Stillzeit nicht angewendet werden. Gegenanzeigen bestehen für Säuglinge und Kleinkinder. Benzylsenföle können die Alkoholtoleranz vermindern. Daher nicht zusammen mit Alkohol einnehmen. Allergische Reaktionen mit urtikariaähnlichen Exanthemen sind möglich.

Literatur
Butnariu Monica, Bostan Cristian: Antimicrobial and anti-inflammatory activities of the volatile oil compounds from Tropaeolum majus L. (Nasturtium); African Journal of Biotechnology Vol. 10  (31), pp. 5900-5909, 29  June, 2011
Kalbermatten Roger: Wesen und Signatur der Heilpflanzen, AT Verlag, Aarau, 2010
Teuscher Eberhard: Gewürzdrogen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 2003
www.medizinalpflanzen.de/systematik/6_droge/tropaeol.htm
www.presse.uni-wuerzburg.de/einblick/single_special/artikel/kapuzinerk/

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