Das Spurenelement Selen

Für ein starkes Immunsystem: Das Spurenelement Selen

Das Ernährung, Gesundheit und ein starkes Immunsystem irgendwie zusammen gehören, ist nichts Neues. Schon der Vater der wissenschaftlichen Medizin, Hippokrates von Kos, stellte vor etwa 2500 Jahren die Diätetik über die medizinische und chirurgische Therapie. Nahrung sollte auch heute noch die wichtigste Grundlage für die körperliche, seelische und geistige Gesundheit sein. Bei der Vielzahl der naturheilkundlichen und schulmedizinischen Therapierichtungen ist Hippokrates Merksatz: "Lasst eure Nahrung eure Heilmittel und eure Heilmittel eure Nahrung sein" schon beinahe in Vergessenheit geraten.

Zunächst gilt es einmal verschiedene Begriffe der Ernährungslehre zu klären. Makronährstoffe, wie Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate liefern Energie und Struktur-Bausteine, zum Beispiel für den Aufbau von Muskelmasse. Das Nahrungsangebot der westlichen Industrieländer ist über das ganze Jahr so vielfältig, das hier in der Regel kein Mangel dieser Nährstoffe auftritt. Im Gegenteil, oftmals führt ein zu viel dieser Stoffe zu Übergewicht mit den Langzeitfolgen für Herz, Kreislauf, das Skelettsystem und Stoffwechselerkrankungen, wie Diabetes.

Mikronährstoffe oder Vitalstoffe, wie Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, essentielle Fett- und Aminosäuren und sekundäre Pflanzenstoffe, liefern zwar keine oder kaum Energie, sind aber für den Stoffwechsel, als Bausteine für die Zellstruktur und für ein starkes Immunsystem absolut lebensnotwendig. Sie regeln beispielsweise als Katalysatoren die komplexen Enzymreaktionen im Körper. Der Mensch kann diese Stoffe nicht oder nicht immer in ausreichender Menge selbst herstellen und ist auf die tägliche Zufuhr über die Nahrung angewiesen. Fehlen kleinste Mengen, kann der Körper, wie jedes biologische System, diesen Mangel noch einige Zeit kompensieren. Fehlen einzelne oder mehrere Vitalstoffe über einen längeren Zeitraum, kommt es zu Funktionsstörungen und Krankheit. Seit Anfang der 80er Jahre belegen zahlreiche Forschungsergebnisse, dass Vitalstoffe sowohl vor Krebserkrankungen als auch vor aggressiven Sauerstoffverbindungen, Entzündungsreaktionen im Körper und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems schützen, und insgesamt das komplette Immunstem stärken. Die Zellen werden mit lebenswichtigen Nährstoffen versorgt um ihre spezifische Struktur und Funktionsfähigkeit zu erhalten. Gleichzeitig bleibt die körpereigene Abwehr so leistungsfähig und aktiv, um toxische und körperfremde Stoffe zu eliminieren, bevor sie zu Störungen des komplexen System Mensch führen.

Du bist, was du isst

Die für die regelrechten Vorgänge im menschlichen Körper erforderlichen Mikronährstoffe sollten eigentlich über die tägliche Nahrung aufgenommen werden. Jedoch führen die heute üblichen landwirtschaftlichen Produktionsmethoden im konventionellen Anbau zu vitalstoffarmen Böden. Vor allem haben die Gehalte der Spurenelemente Selen, Zink und Magnesium durch die industrielle Landwirtschaft stark abgenommen. Lange Lagerzeiten zerstören Vitalstoffe. Vitamin C, B1 und Folsäure sind am labilsten. Bei einigen Obst und Gemüsen wird nach "ökonomischer Reife", also vor der natürlichen Reife geerntet, dabei der natürliche Reifeprozess unterbrochen und einige Vitalstoffe nicht oder nicht in ausreichender Menge aus den Böden aufgenommen. Wer sich an biologisch und saisonale erzeugte Nahrungsmittel hält, ist meist noch gut versorgt. Wer sich jedoch überwiegend von stark verarbeiteten Produkten ernährt oder aus medizinischen oder ästhetischen Gründen kalorienreduziert lebt, ist in der Regel unterversorgt. Zudem gibt es ganze Gruppen von Menschen mit einem erhöhten Bedarf an Vitalstoffen, wie Jugendliche, Senioren, Sportler, Schwangere, Stillende und Menschen mit chronischen Erkrankungen und Dauermedikation. Rund ein Drittel aller Kosten im Gesundheitswesen werden durch ernährungsbedingte Krankheiten verursacht! Auch äußere Faktoren, wie Stress, Leistungsdruck, wenig Schlaf, Schadstoffe aus Industrie und Umwelt in der Luft und im Wasser, synthetisch hergestellte Zusatz- und Konservierungsstoffe mit fragwürdiger Wirkung auf die Gesundheit fordern bzw. überfordern das Abwehrsystem unseres Körpers und lassen Krankheiten entstehen.

Orthomolekulare Medizin

Es stellt sich sofort die Frage nach Supplementierung. Die orthomolekulare Medizin ist mittlerweile ein riesiger Wirtschaftsfaktor und die Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte ließen den ein oder anderen Vitalstoff als Nonplusultra für die Gesundheit feiern. Es besteht jedoch das Risiko von Überdosierungen mit unerwünschten Nebenwirkungen. Abgesehen davon, können auch Wechselwirkungen mit Medikamenten auftreten.  Der Vorteil von Nahrungsmitteln, Kräutern oder Nahrungspflanzen besteht in der Komplexität. Als lebendiges Wesen sind Pflanzen Vielstoffgemische und die Wirkung einer Pflanze ist in den seltensten Fällen auf nur einen Wirkstoff zurückzuführen. Die Pflanzenstoffe verstärken sich vermutlich gegenseitig in ihrer Wirkung. Angereicherte oder isolierte Präparate können diese Effekte nicht erreichen. Zudem ist der menschliche Körper und sein Verdauungssystem aufgrund der Evolution auf die Verwertung komplexer Nahrungsmittel ausgerichtet. Am Beispiel von Selen soll die Heilwirkung bzw. der Stärkung des Immunsystems vorgestellt werden.

Das Spurenelement Selen

Das essentielle Spurenelement Selen ist an lebensnotwendigen Abläufen beteiligt. Der Selengehalt in Nahrungsmitteln ist abhängig vom regionalen Selengehalt der Böden. In Deutschland findet sich ein deutliches Nord-Südgefälle in den Böden. Hauptquellen für Selen sind tierische sowie pflanzliche Eiweiße. Relativ hohe Werte finden sich in den Innereien (Nieren und Leber vom Rind und Schwein) und Seefischen (Tunfisch, Meeresfrüchte) aber auch in Steinpilzen (mit Werten von bis zu 184 µg/100 g), Paranüssen und Eiern.

In den menschlichen Organen ist Selen vor allem in der Schilddrüse, den Nieren und Nebennieren, der Leber und den Fortpflanzungsorganen gespeichert. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine Selenzufuhr von 30 - 70 µg täglich, andere Quellen berichten von einem täglichen Selenbedarf bis zu 100µg/Tag. Im Mittel liegt die Aufnahme der Deutschen bei etwa 45 µg. Zur Beurteilung des Selenstatus kann der Gehalt in den Erythrozyten (Referenzwert 0,2-0,6 Ery-Selen/g Hb) herangezogen werden; die Untersuchung von Finger- oder Zehennägeln und Haaren ist umstritten. Überdosierungen und chronische Vergiftungen durch Selen sind durch Nahrungsquellen nicht zu erreichen. Toxische isolierte Gaben entstehen bei längerer Einnahme von mehr als 200 µg täglich. Sie können zu brüchigen Fingernägeln, sprödem Haar, Haarausfall, Juckreiz und Rötung der Haut führen.

Selen ist Bestandteil der Glutathion-Peroxidase, einem Radikalfänger, der vor zellschädigenden Oxidationsprozessen schützen kann. Freie Radikale entstehen durch unvollständige Sauerstoffverbrennungen oder einem gestörten Fettstoffwechsel, aber auch durch äußere Faktoren, wie beispielsweise durch UV-Strahlung, Röntgenstrahlung, Entzündungen, Chemotherapie und Stress.

Sie schädigen zum einen die Zellmembran und machen diese durchlässig für Toxine, andererseits verursachen sie auch Fehlreaktionen des Immunsystems. Ein Selenmangel kann durch eine verminderte Zufuhr bei einseitiger Ernährung, Vegetariern, Veganern oder Diäten, oder durch eine gestörte Aufnahme bedingt durch gastrointestinale Erkrankungen, durch Verluste bei Dialyse, einem erhöhten Bedarf in der Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei chronischen und/oder entzündlichen Erkrankungen als auch durch Noxen und Toxine entstehen, wie durch Chemo- und/oder Strahlentherapie, Alkohol, Nikotin und Schwermetalle.

Ein Mangel an Selen wird mit einer Vielzahl von Krankheiten diskutiert, angefangen von Tumorerkrankungen, Lymphödemen, Schilddrüsenerkrankungen (Morbus Basedow, Hashimoto), Rheuma, Unfruchtbarkeit, Asthma, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Sepsis, MS, Alzheimer bis hin zur generellen Infektanfälligkeit. Zahlreiche Studien belegen einen Einfluss von Selen auf das fein abgestimmte Immunsystem des Menschen. Selen aktiviert die natürlichen Killerzellen, anderseits vermindert es überschießende Reaktionen des Immunsystems mit den Folgen von Autoimmunerkrankungen und Allergien. Halten wir fest: Wenn das Immunsystem ständigen Abwehrschlachten ausgesetzt ist, ist auf eine ausreichende Selenzufuhr zu achten!

Literatur
Henrichs: Handbuch Nähr- und Vitalstoffe. Constantina-Verlag 2005
Ritter: Heimische Nahrungspflanzen als Heilmittel. AT Verlag 2013
Schmiedel, Leitzmann, Lützner, Heine: Ernährungsmedizin in der Naturheilkunde. Urban & Fischer 2001
Senser, Scherz, Kirchhoff: Lebensmitteltabelle für die Praxis. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2004
www.dge.de
www.selen-info.de

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