Bärlauch - Allium ursinum

Bärlauch / Allium ursinum

Der wilde Knoblauch ist ein blutreinigenden Frühlingsbote

Von März bis in den Juni hinein findet man ihn in lichten Wäldern mit feuchten Böden. Unter günstigen Bedingungen kann Bärlauch großflächige Teppiche bilden, die im Frühjahr durch ihren knoblauchartigen Geruch Sammler anziehen.  Woher der Name Bär-Lauch kommt ist nicht vollständig geklärt. Einige vermuten, dass er die erste Pflanze war, die die heimischen Bären nach dem langen Winterschlaf vorfanden. Bei den Germanen galt der Bär als Fruchtbarkeitstier, der symbolisch für ein kraftvolles Urwesen stand und mit seiner Kraft und Stärke die Macht des Winters brechen und neue Fruchtbarkeit bringen konnte. Seine Volksnamen Hexenzwiefel, Waldlauch, Waldknoblauch oder Zigeunerlauch deuten darauf hin, dass er in früheren Zeiten von denen genossen wurde, die außerhalb der dörflichen Gemeinschaft lebten. Er ist eine mächtige Frühlingspflanze, die den Körper stärkt und reinigt. Ein gemeinsames Merkmal aller Lauchgewächse ist ihr hoher Gehalt an schwefelhaltigem Öl mit anregender und entgiftender Wirkung.

Botanik

Der schattenliebende Bärlauch (botanisch Allium ursinum) stammt vermutlich aus Asien und ist heute in fast ganz Europa mit Ausnahme des Mittelmeerraums heimisch. Er bevorzugt humusreiche, feuchte Böden und ist wildwachsend in den lichten Auwäldern oder auch in unter Laubbäumen im Garten zu finden. Das mehrjährige Kraut gehört zur Familie der Lauchgewächse (Alliaceae); in der älteren Literatur wird er jedoch den Liliengewächsen zugeordnet. Aus kleinen, dünnen Zwiebeln treiben ab März an dreikantigen Stielen, glänzend grüne, glatte, bis zu 25 cm lange und 3-5 cm breite lanzettliche Laubblätter. Von April bis Juni leuchten die reichblütigen aus bis zu 20 Einzelblüten bestehenden Scheindolden mit dem weißen, sternförmigen Blütenstand. Die Vermehrung des Kaltkeimers erfolgt durch die in den Kapselfrüchten enthaltenen schwarzen Samen, die meist durch Ameisen verbreitet werden. Nach der Samenreife zieht sich der Bärlauch wieder zurück, um im nächsten Frühjahr wieder zu erblühen.

Verwechslungsgefahr

Wegen der zunehmenden Beliebtheit des Bärlauches pflücken immer mehr Menschen im Frühjahr das wohlschmeckende und heilwirksame Kraut selbst. In den letzten Jahren kam es dabei jedoch zu einigen Vergiftungen durch ähnlich aussehende Pflanzen, insbesondere mit dem Maiglöckchen (Convallaria majus) und der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale). Beiden Pflanzen fehlt jeder Knoblauchgeruch und die Ähnlichkeiten sind tatsächlich nur oberflächlich vorhanden.

Die herzaktiven Glykoside des Maiglöckchens wirken ähnlich wie die Digitalisglykoside des Roten Fingerhuts; allerdings werden die Glykoside im Magen-Darm-Trakt nur schlecht resorbiert, sodass die Vergiftungsgefahr bei oraler Aufnahme eher gering ist.

Eine Verwechslung mit der Herbstzeitlosen hingegen ist sehr gefährlich. Alle Pflanzenteile enthalten das außerordentlich giftige Alkaloid Colchicin, das Ähnlichkeiten mit Arsen aufweist. Es sind dabei Vergiftungen mit tödlichem Verlauf dokumentiert worden.

Wesen und Signatur

Der Bärlauch ist ein äußerst mächtiger Frühlingsbote. Er überwindet die durch den Winter und Kälte symbolisierten Stauungs- und Verhärtungstendenzen in Körper und Seele. Beeindruckend ist seine dichte und großflächige Ausbreitung. Seine gewaltige Expansionskraft symbolisiert Macht.

Inhaltsstoffe, Geruch und Geschmack

In den Blättern und Zwiebeln findet sich die schwefelhaltige Aminosäure Alliin und Lauchöle. Die nichtflüchtigen Alliine kommen bei Verletzung des Pflanzengewebes mit dem Enzym Alliinase in Kontakt und werden in das flüchtige, lauchartig riechende Allicin umgewandelt. Weitere Bestandteile sind Flavonoide, wie Kämpferolglykoside, Saponine, Polysaccharide, Vitamin C, Mineralstoffe, wie Eisen, Magnesium, Mangan, Jod, Selen und Chlorophyll.

Die Blätter verströmen ein kräftiges Knoblaucharoma, der zwischen Knoblauch und Schnittlauch anzusiedeln ist. Der Geschmack ist sehr würzig bis leicht scharf und knoblauchartig.

Geschichte und Brauchtum

Samen vom Bärlauch wurden in jungzeitlichen Pfahlbauten des Alpenvorlandes gefunden. Im Mittelalter wurde er bevorzugt in Klostergärten und in der Nähe von Burgen angebaut.
Seit Wert als vorbeugende Arznei wird aus einem alten englischen Reim deutlich: "Iß Porree im Frühling und Bärlauch im Mai, dann haben die Ärzte im nächsten Jahr frei!" Und Pfarrer Künzle schrieb über den Bärlauch: "Wohl kein Kraut der Erde ist so wirksam zur Reinigung von Magen, Gedärmen und Blut wie der Bärenlauch".

Kulinarik

In der Küche erlebt der Bärlauch seit Jahren eine Renaissance. Er wird bevorzugt roh verwendet. Die frischen gehackten Blätter werden wie Schnittlauch zum Würzen von Salat, Quark, Weichkäse, Kräuterbutter und Gemüsegerichten verwendet. Als Sauce wird er zu Pesto verarbeitet und mit Öl eingelegt oder zu Bärlauchöl und Bärlauchessig verarbeitet. Nach Möglichkeit sollte er nicht erhitzt werden, da sein Aroma durch den Kochvorgang sehr leidet; auch das Trocknen führt fast zu einem völligen Aromaverlust.

Anwendungsgebiete und Wirkungsspektrum

Das Anwendungsgebiet entspricht dem des Knoblauchs. Die stärkste Wirkung erzielt er im zeitigen Frühjahr vor der Blütezeit. Dann werden die Blätter gesammelt und frisch verwendet. Eine Bärlauchkur mit frischen Blättern sollte 4 Wochen dauern.

An erster Stelle ist eine allgemein reinigende, entschlackende und harntreibende Wirkung zu nennen. Durch die Ausscheidung über die Nieren wird er auch im Rahmen von Ausleitungstherapien eingesetzt und hilft daher auch bei gefäßbedingtem Kopfschmerz und chronischen Hautausschlägen. Neben einer bakteriziden Wirkung wird auch eine antiarteriosklerotische, durchblutungsfördernde und blutdrucksenkende Wirkung beschrieben und ist hervorragend geeignet als Vorbeugung bei Infektionskrankheiten.

Nach einer Studie über 6 Wochen mit 2% gepulvertem Bärlauchpulver im Futter konnte bei Ratten eine kardioprotektive Wirkung festgestellt werden (Rietz B. et al.; Mol. Cell Biochem. 119(1/2):143-150 (1993). Weiter konnte bei Gabe von Extrakten aus Bärlauch eine Hemmung des Angiotensin-I-Converting-Enzyms und der Thrombozytenaggregation festgestellt werden. Die wissenschaftlichen Ergebnisse deuten darauf hin, dass Bärlauch die gleichen Wirkungen wie Knoblauch entfaltet (Sendl A. et al., Planta Med. 58(1):1-7 (1992), Wagner H. et al. Pharm. Pharmacol. Letters 1(1):15-18 (1991) und Wagner H., Sendl A., Dtsch. Apoth. Ztg. 130(33):1809-1815 (1990).

Rezepte

Bärlauchkur: Eine Handvoll frischen Bärlauch über 4 Wochen genießen

Tinktur: Frische zerschnittene Bärlauchblätter in ein Schraubglas füllen, mit 45%igem Alkohol drei Wochen ziehen lassen, gelegentlich verschütteln, abseihen und in eine dunkle Tropfflasche füllen, 3x 20 Tropfen vor dem Essen

Extrakte aus Bärlauch, Presssäfte und homöopathische Urtinkturen sind auch als Fertigarznei bzw. als Nahrungsergänzungsmittel in Apotheken erhältlich.

Anwendungsbeschränkungen

Bei Anwendung der üblichen Dosen besteht nach bisherigen Erkenntnissen keine Gefahr. Bei empfindlichen Personen können hohe Dosierungen zu Magenreizung führen.

Fazit

Der Bärlauch gehört mit zu den ältesten Heil- und stärksten Frühjahrspflanzen. Die "Bärenkräfte" sind fast in Vergessenheit geraten. Im Gegensatz zum Knoblauch wird der Bärlauch als unverbrauchtes Naturprodukt als wirksamer beurteilt, da der Knoblauch als Kulturgewächs nicht mehr die urwüchsige Heilkraft besitzt.

Literaturhinweise
Chevallier Andrew: Das große Lexikon der Heilpflanzen, Dorling Kindersley London, 2001
Fischer-Rizzi Susanne: Medizin der Erde, Wilhelm Heyne Verlag München, 1999
Kalbermatten Roger: Wesen und Signatur der Heilpflanzen, AT Verlag, 2010
Katzer Gernot, Fansa Jonas: Picantissimo - Das Gewürzhandbuch, Verlag Die Werkstatt, 2011
Katzer Gernot: http://www.uni-graz.at/~katzer/germ/Alli_urs.html
Teuscher Eberhard: Gewürzdrogen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2003
Willfort Richard: Gesundheit durch Heilkräuter, Rudolf Trauner Verlag Linz, 1973

 

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