Mutterkaut - Tanacetum parthenium

Hoffnung für Schmerzpatienten
Mutterkaut
- Tanacetum parthenium 

Was auf den ersten Blick an eine etwas zu klein geratene Margerite oder an die Kamille erinnert, ist das Mutterkraut, das lange Zeit hauptsächlich Verwendung in der Frauenheilkunde fand. Im 18. und 19. Jahrhundert hatte das Mutterkraut in England eine ähnliche Verwendung wie Aspirin heute, weshalb es dort auch"feverfew" heißt, was so viel wie "wenig Fieber" bedeutet und auch den in unseren Breiten geläufigen Volksnamen Fieberkraut erklärt. Weitere häufige Volksnamen sind Mutterkamille und Jungfernkraut, die sich durch die traditionelle Verwendung in der Frauenheilkunde erklären;  Falsche Kamille und Knopfkamille weisen auf die Ähnlichkeit mit der Kamille hin. Der volksmedizinische Gebrauch des Mutterkrauts bei Fieber und Kopfschmerzen in England gab Anlass zu intensiven pharmakologischen Untersuchungen ab den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts.

 

 

Pflanzenkunde

Das mehrjährige Mutterkraut (Tanacetum parthenium, Syn. Chrysanthemum parthenium) ist eine bis zu 60 cm hohe Staude mit vielen kleinen Blütenköpfen aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Es ist  botanisch mit dem Rainfarn (Tancetum vulgare), der Kamille (Matricaria chamomilla) und der Gewöhnlichen Straußmargerite (Tanacetum corymbosum) verwandt. Ähnlich wie die Kamille findet man das Mutterkraut bei uns auch an Wegen, Zäunen, Schutthalden oder in alten Bauerngärten. Seine ursprüngliche Heimat ist Vorderasien und das Balkangebiet. Heute ist es in ganz Europa, Australien und Nordamerika eingebürgert. Die Pflanze bevorzugt durchlässige Böden und braucht viel Sonne. Der verzweigte, längs gerillte und leicht behaarte Stängel trägt bitter schmeckende Fiederblätter. Diese sind gelblich-grün, wechselständig angeordnet und am Rand gesägt. Die kleinen Blütenköpfe zeigen sich von Juli bis September und stehen in Doldenrispen. Wie die Kamille bildet der Korbblütler gelbe Röhrenblüten und weiße Zungenblüten.

Inhaltsstoffe, Geruch und Geschmack

Zur Drogengewinnung wird das Kraut (Tanaceti parthenii herba) während der Blütezeit geschnitten und in dünnen Schichten bei nicht mehr al 35°C getrocknet.

Pharmakologisch wichtige Inhaltsstoffe sind 0,2 - 0,7% ätherische Öle (mit einem hohen Kampferanteil, der für den campherartigen Geruch der verantwortlich ist), etwa 0,2 -1,8% bitter schmeckende Sesquiterpenlactone mit dem intensiv erforschten Parthenolid und Flavonoide.

Wirkspektrum

Der Hauptwirkstoff Parthenolid in den Mutterkraut-Blättern führt zu einer Hemmung der Prostaglandinsynthese, der Serotoninausscheidung und der Histaminfreigabe. Serotonin spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Migräne. Zudem wurde für das Kraut beziehungsweise einzelne Inhaltsstoffe bakterienhemmende, entzündungshemmende, antiulzerative, schmerzstillende und krebshemmende Eigenschaften dokumentiert (Ross, 2009). Während ältere Studien keine signifikanten Aussagen zur Wirksamkeit bei Migräne belegten, zeigen die neueren Studien mit Extraktpräparaten ein positives Nutzen-/Risikoverhältnis bei Patienten mit mehr als vier Migräneattacken pro Monat (Wichtl, 2009). Insgesamt senkt Mutterkraut die Temperatur und kühlt den Körper.

Modernes Heilmittel bei Migräne und Arthritis
Mehrere Studien in den letzten drei Jahrzehnten zeigten, dass die prophylaktische Einnahme von Chrysanthemum parthenium über zwei bis vier Monate die typisch halbseitigen Migränekopfschmerzattacken deutlich verringerte. Zudem besserten sich charakteristische Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Schwindel und Erbrechen. Dies trifft auch für Migräneanfälle und Kopfschmerzen zu, die hormonell bedingt sind und bei einigen Frauen während der Menstruation auftreten. Halten wir fest: Mutterkraut ist ein reines Prophylaktikum und nicht für die Therapie bei akuten Geschehen geeignet.

Seit dem 18. Jahrhundert wird Mutterkraut zudem vor allem in England volksmedizinisch zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis sowie bei Kopf- und Zahnschmerzen verwendet. Bei arthritischen und rheumatischen Schmerzen können Mischungen mit anderen Kräutern wirksam sein.

Traditionelles Frauenkraut
Bereits seit der Zeit des alten Griechenlands verwendet man Mutterkaut auch in der Frauenheilkunde. Der botanische Artname parthenium bezieht sich auf "Jungfrau" oder "jungfräuliche Göttin", womit die griechische Göttin der Frauen und Kinder, Artemis, gemeint ist. Der englische Arzt Nicholas Culpeper (1616 - 1654) bezeichnete das Mutterkraut als allgemeines Stärkungsmittel für die Gebärmutter, um die Gebärmutter zu reinigen und die Nachgeburt auszustoßen. Das Kraut wird bei erfahrenen angelsächsischen Hebammen noch immer in der Geburtshilfe verwendet.

Rezepte und Präparate

Mutterkrautpräparate werden zur Migräneprophylaxe über eine längere Anwendungsdauer von mehreren Monaten eingenommen. Nach spätestens zwölf Wochen sollte eine Behandlungspause von zwei Wochen erfolgen.

Fertigarzneimittel mit Mutterkrautextrakt gibt es in Kanada, in Frankreich, Großbritannien und der Schweiz. Jedoch wurde bei den kommerziell verfügbaren Präparaten in keinem getesteten Präparat der angegebene Gehalt an Parthenolid festgestellt. Die Gründe dafür dürften zu hohe Lagertemperaturen und Feuchtigkeit sein, die den Gehalt an Parthenolid um bis zu 40% verringern können (Ross, 2009). In Deutschland sind Mutterkraut-Fertigarzneien nur als homöopathische Arzneimittel im Handel.

Teezubereitung
Etwa 150 mg des getrockneten und pulverisierten Krauts (Tanaceti parthenii herba) mit kochendem Wasser übergießen. Zehn Minuten stehen lassen und gelegentlich umrühren. Durch einen Papierfilter abgießen. Zur Migräneprophylaxe kurmäßig etwa zwei bis drei Tassen vor dem Essen über einen Zeitraum von mehreren Monaten trinken.

Tinktur
Das getrocknete Kraut in 25%igem Alkohol im Verhältnis 1 : 5 ansetzen. Die Dosis beträgt 0,3 bis 1 ml dreimal täglich.

Tipp: In England ist es verbreitet, zur Migräneprophylaxe die etwas bitteren und frischen Mutterkrautblätter unter milde Salate, Gurken oder Tomaten zu mischen oder kleingeschnitten auf dem Butterbrot zu essen. Zwei bis drei Blätter pro Tag genügen. Damit entfällt zwar eine standardisierte Dosierung, doch kommt hier der Merksatz des Hippokrates zum Tragen, der da lautet: "Eure Nahrungsmittel sollen Heilmittel und eure Heilmittel eure Nahrungsmittel sein."

Sicherheitshinweise

Gegenanzeigen bestehen bei Allergie gegen Korbblütler. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln sind nicht bekannt. In seltenen Fällen kommt es zu allergischer Kontaktdermatitis, bei Langzeitbehandlung auch zu Entzündungen der Mundschleimhaut, Durchfall, Erbrechen, Übelkeit, Abdominalschmerzen und Verdauungsstörungen. Mutterkraut sollte wegen fehlender Datenlage nicht in der Schwangerschaft und Stillzeit, bei Säuglingen und Kleinkindern verwendet werden.

Literatur
Chevallier Andrew: Das große Lexikon der Heilpflanzen, Dorling Kindersley, London, 2001
Ross Jeremy: Westliche Heilpflanzen und Chinesische Medizin - Eine klinische Materia medica, Verlag für Ganzheitliche Medizin Dr. Erich Wühr GmbH, Bad Kötzting, 2009
Strank Karl Josef, Meurers-Balke Jutta: Obst, Gemüse und Kräuter Karls des Großen, Verlag Phillip von Zabern, Mainz, 2008
Wichtl Max: Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 2009
http://www.nestmann.de/artikel/Mutterkraut.php

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